Achtung Ablenkungsgefahr! Wer gegenwärtig in der Bibliothek der Hochschule für Technik und Wirtschaft in einem der Arbeitsräume sitzt, sollte nicht zu oft aufblicken. Denn er könnte sich dann in einer Geschichte verlieren, die mit den Sätzen beginnt: „Am Bahnsteig saß ein Forschergeist und murmelte etwas von Photonen und Mikrowelle, die auf Magnete reagierten. ’Na so ein dunkles Loch ist mir noch nie begegnet,’ sagte der Schaffner.“ Christian Patruno hat diese und weitere Zeilen an eine Bibliothekswand geschrieben und den Text mit einigen Malereien durchsetzt: Ein Grammofonlautsprecher ist da zu sehen, eine besondere Brillenkonstruktion oder ein Mobilfunkgerät.
Anspielung auf „Ocean’s Eleven“
Die Arbeit ist Teil der Ausstellung „Van Eeden’s 9“. Der Titel ist einerseits eine Anspielung auf Steven Soderberghs Film „Ocean’s Eleven“, andererseits verweist er auf Marcel van Eeden, seit 2014 Leiter einer Malklasse an der Kunstakademie Karlsruhe, und neun seiner Studenten, die jetzt mit ihren Beiträgen das Hochschulambiente auflockern.
Anna Katharina Köpnick setzt ähnlich wie Patruno auf eine Verbindung aus Schrift und Bild. Ihre Reihe „In Goethe gezeichnet“ besteht aus Porträts der mythischen Figuren Iphigenie, Orest und Thoas, die Köpnick in handgeschriebene Passagen aus Goethes „Iphigenie auf Tauris“ platziert. Ryosuke Yamauchi arbeitet ebenfalls mit Schrift: Hier sind die Ausstellungsdaten zu einer großen gemalten Buchstabenkomposition verwandelt.
Die reine Kraft der Bilder
Andere wiederum vertrauen auf die reine Kraft der Bilder und geben sich dabei subtil erzählerisch wie Hyeongjong Kim mit seinen Analogfotografien, darunter eine Schwarzweißaufnahme, die ihren Reiz aus der Gegenüberstellung einer Taube und einer verhüllten, neben ihrer Einkaufstasche sitzenden Frau bezieht. Dass in der Ausstellung unterschiedliche Medien bis hin zum Steindruck (den Lukas Giesler nutzt) zur Anwendung gelangen, hat wohl nicht zuletzt mit der Motivwelt van Eedens zu tun: Der Maler greift auf die vielfältigsten Vorlagen zurück – Fotos, Filmstills, Werbeplakate, Textilmuster. Einzige Bedingung: Sie müssen vor seiner Geburt am 22. November 1965 entstanden sein.
Dass er mit seiner spezifischen Ästhetik keineswegs seine Studentinnen und Studenten dominiert (wie es bei manchen Lehrern geschieht), belegt die Auswahl in der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Da zeigt etwa Julia Geißler unter dem Titel „Tools“ wie auf einer Schautafel in lockerem Realismus diverse Werkzeuge, während Minjung Lee frei abstrakte Liniengeflechte auf die Leinwand bringt oder sich Arthur Metz in aquarellierten Darstellungen der Mensa Moltke versucht.
Und dann sind da noch die Malereien von Gin Bahc. Er illustriert mit lasierender Lockerheit mehr oder minder pornografische Szenen, allerdings so, als seien sie vage erinnerte Paraphrasen auf Spielfilmszenen. Das passt wiederum zum filmischen Titel der Schau, das Vorbild auch wenn „Ocean’s Eleven“ kein Sexfilm ist.
Michael Hübl
BNN, 26.12.16